Felsentempel von Abu Simbel
Warum Ramses II. gerade an dieser Stelle seinen großen Felsentempel
bauen ließ, bleibt wohl reine Spekulation. Wahrscheinlich befanden
sich hier bereits einige Höhlenheiligtümer des in Nubien sehr
verbreiteten Höhlenkults und mit der Erschaffung seines eigenen Tempels
tat Ramses II. den letzten Schritt zur vollkommenen Gottgleichheit. Gleichzeitig
gab er damit seinen pharaonisch-göttlichen Machtanspruch über
Nubien bekannt, dessen Gold- und Kupfervorkommen für Ägypten
so überaus wichtig waren. Außerdem boten die tief in den Felsen
gehauenen Magazine großen Schutz für die Tributleistungen unterworfener
Völker oder die im Krieg erbeuteten Schätze des Königs.
Nachdem einige Jahrtausende ins Land gezogen waren und der Tempel von Sandverwehungen bis
zu ¾ verschüttet war, wurde er am 22.03.1813 von Johann Ludwig
Burckhardt entdeckt. Da Burckhardt damals nicht feststellen konnte, wem
dieser Tempel eigentlich gehörte und keine Grabungsausrüstung
dabei hatte, wurde der Tempel erst 1817 von Giambattista Belzoni systematisch
vom Sand befreit und ausgegraben.
Dieses Heiligtum zählt seit dieser Zeit zu den Hauptsehenswürdigkeiten
von Ägypten und Millionen von Besuchern haben diesen Tempel schon besucht.
Großer Felsentempel
Der große Felsentempel war der Göttertriade Re- Harachte von Heliopolis,
Amun von Theben, Ptah von Memphis
und dem vergöttlichten Ramses II. geweiht. Der Tempeleingang wurde
von 4 aus dem Felsen gehauenen 20m hohen Statuen des Königs flankiert.
Zu seinen Füßen stehen kleinere Kolossalstatuen seiner Lieblingsgemahlin
Nefertari, seiner Mutter Tui, seiner Söhne und Töchter. An der
Tempelfront krönt ein Fries mit heiligen Affen den Tempel. Südlich
der Terrasse mit den 4 Riesenstatuen wurde ein Tempel für Amun in
den Felsen geschlagen. In dem nördlich der Terrasse gelegenen kapellenartigen
Hof befindet sich ein Heiligtum mit dem Sonnenaltar des Re.
Um die Terrasse vor Versandung zu schützen, wurden zwei Lehmziegelmauern
mit bis zum Nil reichenden Pforten erbaut.
Die von acht quadratischen Osirispfeilern gestützte große tiefe
Halle, hinter dem Tempeleingang hat die Maße 17,68 m x 16,46 m.
An die 9,14 m hohen Pfeiler lehnen in voller Höhe die Statuen des
Königs in der Haltung des Gottes Osiris
an. Die Mauern sind mit beeindruckenden Reliefs der Taten des Königs,
vor allem mit der Darstellung von der Schlacht bei Kadesch geschmückt.
Diese Reliefs sind ein Werk des Bildhauers Pyay. An dieser Wand schließt
sich ein 7,6 x 11 m großer Saal an, der zu einem Vorraum des Allerheiligsten
führt. Im Allerheiligsten an der Rückwand stehen die Statuen
des Re, des Königs, des
Amun und des Ptah.
Die Tempelachse ist in der Weise von Westen nach Osten gerichtet, das
zweimal im Jahr, am 20. Februar und am 20. Oktober, die Strahlen der aufgehenden
Sonne bis zu den Götterstatuen an der Rückwand des Sanktuariums
dringen können. (Jetzt Verschiebung um einen Tag auf den 21.) In
den vielen Seitenkammern wurden vermutlich die Kultgegenstände aufbewahrt.
Der kleine Felsentempel
Der kleine Felsentempel war vermutlich der Göttin Hathor
und Ramses II. Lieblingsfrau Nefertari geweiht.
Vor seiner Umsetzung durch die Unesco lag dieser Tempel unmittelbar am
Nilufer. Seine Fassade ist 28 m breit und 12 m hoch. Darin befinden sich
in Felsnischen 10 m hohe Statuen des Königs und der als Hathor dargestellten
Nefertari. Der Eingang direkt in der Mitte führt direkt in den großen
Saal, dessen Decke von 6 quadratischen Pfeilern mit Hathor Kapitellen
gestützt wird. Durch einen nicht sehr tiefen, aber breiten Vorraum
gelangt man dann ins Allerheiligste. Dort steht eine Statue von Ramses
II., beschützt von der Göttin Hathor in Gestalt einer Kuh, die
hinter ihm aus dem Felsen hervorzutreten scheint. Inschriften auf den
beiden Bergkuppen aus dem Alten und Mittleren Reich belegen das sich hier
schon vorher eine Kultstätte befunden hat.
Text von Gabriele Schwarz